Rhein-Sieg-Eisenbahn Teil 1
mit freundlicher Genehmigung des Autors Wolfgang Clössner und dem Lok-Report

In den 20er Jahren des vergangenen Jahrhunderts entdeckte der Bonner Obergeometer Wilhelm Windgassen ein einfach abzubauendes Toneisensteinvorkommen in der Nähe des Ortes Rott, am Hang des auslaufenden Westerwaldes gelegen. Am Zusammenfluss von Agger und Sieg, einige Kilometer vor deren Mündung in den Rhein, erwarb er zwei Wassermühlen, die aufgrund der dortigen Wasserverhältnisse ganzjährig in Betrieb waren. Hier, im heutigen Friedrich-Wilhelm-Hütte errichtete er eine von Wasserkraft getriebene Schmelze.
Windgassen, der sich am englischen Hüttenwesen orientiert hatte, erbaute im Jahre 1857 eine schmalspurige Pferdebahn.
Damit konnte ein Teil des Transportweges zur Hütte wirtschaftlicher gestaltet werden. Die Strecke führte von der am Hang gelegenen Grube bis zum Ort Niederpleis. Dort wurde das Gestein auf Ochsenkarren verladen und zur Eisenhütte transportiert. Die Schmalspurstrecke wurde in einer Spurweite von 2 1/2 Fuß Rheinisch = 785 mm ausgeführt.
Das Leidwesen der Hütte blieb jedoch der Transport; Kohle und Erz mussten von weit her angefahren werden, zumal die Grube "Gottessegen" in Rott alsbald erschöpft war.
Nachdem im Jahre 1859 die "Cöln - Giessener Eisenbahn" bis Hennef/Sieg eröffnet worden war, bestand die Möglichkeit, Eisen- und Kalkvorkommen im Bergischen land abzubauen. Schon seit geraumer Zeit wurden Bodenschätze im Bröltal, einem Seitental der Sieg, abgebaut und auf der neu angelegten Bezirksstraße Hennef - Waldbröl zur Bahn nach Hennef transportiert. Nach einem Vergleich der anfallenden Kosten zwischen Ochsenkarren- und Pferdebahnbeförderung entschloss man sich zum Bau einer mit Pferden betriebenen Schmalspurbahn von Ruppichteroth bis Hennef. Am 30.11.1860 wurde die Konzession zum Bau der Schmalspurbahn erteilt.
Um die Bezirksstraße als Bahnkörper nutzen zu können, musste sich die Gesellschaft verpflichten, eine Brücke über die Sieg zu errichten, sowie die Landstraße zu verbreitern, um einen Bahnbetrieb zu ermöglichen. Nach Niederpleiser Vorbild errichtet, wurde die Bahn am 27.05.1862 eröffnet.
Somit gelangten die Erze bis nach Hennef, wo sie auf Normalspurwagen verladen wurden. Von dort aus wurden sie nach Troisdorf abgefahren, wo sie über eine kurze schmalspurige Anschlussbahn die Hütte erreichten.
Seit dem 24.04.1863 wurden Versuche mit Dampflokomotiven durchgeführt, die alsbald überzeugten. Der Pferdebahnbetrieb beschränkte sich danach auf die Zustellung der Wagen, weil die Lokomotiven keine Umsteuerung besaßen und deshalb an den Endpunkten gewendet werden mussten. Die ersten Betriebsjahre stellten ein Versuchsstadium dar; lagen doch noch keine Erfahrungen mit Schmalspurdampflokomotiven vor. Später wurden die Maschinen verbessert, eine nachträglich eingebaute Umsteuerung machte Drehscheiben überflüssig.
Hatte man ursprünglich fast ausschließlich Erze befördert, so zeigte sich bald eine Umkehrung der Verhältnisse. Die Erzabfuhr verlor zunehmend an Bedeutung, während der Transport höherwertiger Güter zunahm und die Verluste fast ausglich. Als sich diese Entwicklung stabilisierte, beschloss man eine Weiterführung der Strecke bis nach Waldbröl. Die bisherige Kommanditgesellschaft wurde am 03.02.1869 in die "Bröltaler-Eisenbahn-Aktiengesellschaft" umgewandelt. Der preußische Staat gewährte eine Beihilfe, unter anderem an die Bedingung geknüpft, den Personenzugverkehr auf der Gesamtstrecke einzurichten. Der Streckenabschnitt Ruppichteroth - Waldbröl wurde am 06.09.1870 eröffnet.
Der Personenbeförderung diente ursprünglich nur ein Dienstwagen des täglichen Güterzuges, der kostenlos genutzt werden durfte. Nachdem sich auch ein Versuchsbetrieb bewährt hatte, wurde der Personenzugdienst auf der Strecke Hennef - Waldbröl (30,7 km) am 01.07.1873 eröffnet. Für den sich stetig entwickelnden Verkehr beschaffte die B. T .E. ab 1878 dreiachsige Tenderlokomotiven mit Kulissensteuerung.
Nunmehr erste öffentliche Schmalspurbahn Deutschlands, wurde die Bröltalbahn von namhaften Eisenbahnfachleuten besucht und beschrieben, konnten doch hier erste Erfahrungen über kostengünstigen Bahnbau gesammelt werden. Weil die Strecke im Straßenplanum lag, ergaben sich nur geringe Trassierungskosten. Die Schmalspur hatte den Beweis erbracht, unter geringen Anlagekosten rentabel arbeiten zu können.
In den neunziger Jahren stieg die Nachfrage an Basaltprodukten stetig an. Reichhaltige Vorkommen lagerten im Westerwald, deren Abbau an fehlenden wirtschaftlichen Transportmöglichkeiten scheiterte. Die Bröltaler-Eisenbahn-AG beschloss den Neubau von nicht weniger als vier Strecken. Vom damaligen Endpunkt Hennef aus wurde die Strecke nach Asbach gebaut und am 15.08.1892 für den Gesamtverkehr eröffnet. Bereits am 01.12.1891 war die Verbindung Hennef - Niederpleis - Beuel geschaffen worden. In Beuel wurde ein Rheinhafen eröffnet, gleichzeitig erhielt die Strecke für den Personenzugverkehr nach Bonn Bedeutung. Von Niederpleisnach Oberpleis wurde der Betrieb 1893 aufgenommen.
Später erweiterte man die Strecke noch bis Rostingen (1902). Im Jahre 1899 übergab man die Strecke Niederpleis - Siegburg dem Betrieb, in Siegburg hatte man einen leistungsfähigen Übergabebahnhof geschaffen.
Somit war die Streckenlänge von 30,7 km auf 83,4 km angewachsen. Der Betrieb stieg binnen 10 Jahren von 27.000 auf 320.000 t an. Im Jahre 1903 wurde die Heisterbachertalbahn von der B.T.E. übernommen. Dieser Konkurrent erschloss von Niederdollendorf am Rhein ebenfalls ergiebige Basaltbrüche im Westerwald. Stückweise war auch das Aktienkapital der B. T .E. von der Basalt-AG Linz erworben worden.
 Im Jahre 1914 besaß die Gesellschaft 19 Lokomotiven: einen B-Kuppler, vierzehn C-Kuppler und vier B'B n4vt Mallets. Der erste Weltkrieg brachte der Bahn ein steigendes Verkehrsaufkommen, welches unter verschärften Rahmenbedingungen abgewickelt werden musste. Jedoch zeigte sich jetzt von Vorteil, was für die Bahn zeitlebens ein Hindernis gewesen ist; die ausgefallene Spurweite bewahrte die Bröltalbahn vor großen Fahrzeugabgaben an die Heeresfeldbahnen. Lediglich zwei Mallets mussten "geopfert" werden. Nach dem Krieg konnte der Betrieb nur unter großen Schwierigkeiten aufrechterhalten werden. Zollschranken der französischen Besatzungsmacht zerteilten das Streckennetz. Am 23.11.1921 wurde die "Bröltaler Eisenbahn AG" in "Rhein-Sieg-Eisenbahn AG" umbenannt“.

Fortsetzung folgt

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